Berlins Boeing 707

1960 wurde die Boeing 707-400 D-ABOC von Willi Brandt auf den Namen „Berlin“ getauft, heute steht das gute Stück am Rand des Flughafen Tegel und verrottet dort. Wir klären warum und was die D-ABOC „Berlin“ mit dem Münchner Flughafen zu tun hat. Historischer Start ins Jet-Zeitalter Es waren die Zeiten der Wirtschaftswunderjahre, die Lufthansa bestellte […]
Taufe der Boing 707 "Berlin" (Bildquelle: Lufthansa)

1960 wurde die Boeing 707-400 D-ABOC von Willi Brandt auf den Namen „Berlin“ getauft, heute steht das gute Stück am Rand des Flughafen Tegel und verrottet dort. Wir klären warum und was die D-ABOC „Berlin“ mit dem Münchner Flughafen zu tun hat.

Historischer Start ins Jet-Zeitalter

Es waren die Zeiten der Wirtschaftswunderjahre, die Lufthansa bestellte am 23. Januar 1957 vier Boeing 707-400. Am 16. September wurde die D-ABOC von Berlins regierendem Oberbürgermeister Willi Brandt feierlich auf den Namen Berlin getauft – einen Tag später startete die Maschine offiziell in den Liniendienst der Kranich-Airline und läutete damals zeitgleich das Jet-Zeitalter für Deutschland und die Lufthansa ein. Bis 1977 war die „Berlin“ im aktiven Dienst der Lufthansa bzw. Condor und wurde dann veräussert.

1986: Die „Berlin“ (ver)kommt zurück

Anlässlich der Auslieferung der 200. Boeing an die Lufthansa, wollte der Flugzeughersteller Boeing der Lufthansa ein Geschenk machen und flog die „Berlin“ zurück nach Berlin. Die Landung des historischen Kranichs im November 1986 in Tegel war eine Sensation und der seinerzeit amtierende Bürgermeister, Eberhard Diepgen, nahm die Boeing 707 feierlich in Empfang – auch als Triumph über den Ausschluß Berlins von der deutschen Luftfahrt.

Die Lufthansa schenkte die Maschine der Stadt Berlin (dem Deutschen Technik Museum) und im Frühjahr 1987 war die gute alte D-ABOC auf dem Parkplatz neben dem Terminal in Berlin Tegel wieder daheim.

D-ABOC im Mai 1995 – da war die Welt noch in Ordnung – Mit freundlicher Genehmigung © Axel Juengerich

5 Jahre später muss die Berlin 1991 vor das linke Rundell neben dem Taxiway „SM“ umgesetzt werden. 1998 wurde die Maschine dann bereits für die Öffentlichkeit unzugänglich zum Feuerlöschplatz im Norden verlegt und im Jahr 2000 in der heutigen Parkposition beim Adlerweg versteckt, wo sie seit 14 Jahren verrottet und vergammelt.

Leser Michael Donati aus Berlin-Reinickendorf stellte uns Bilder vom November 2014 zur Verfügung:

Der Außenszustand des einst stolzen Fliegers war hingegen offenbar auch dem Spender – der Lufthansa – ein Dorn im Auge. Zumindest liegt es Nahe dass die Fluggesellschaft die Entfernung der Lufthansa Brandings am 10. September 2006 veranlasste. Dabei wurden die Lufthansa Schriftzüge einfach mit weisser Farbe überlackiert, wobei auch diese Maßnahme heute nicht mehr ganz effektiv ist….

Dit is jarnich die „Berlin“….

Das ist wohl wahr! Die D-ABOC die in Berlin steht, ist ein „Kuckucksei“.

Denn die Original D-ABOC mit S/N 17721 wurde wie oben bereits erwähnt im Jahr 1977 von der Lufthansa ausser Dienst gestellt und landete nach einigen Zwischenverkäufen im Jahr 1983 mit der Registrierung EL-AJC am Bournemouth Airport BOH.

Die Original „Berlin“ wurde dort deregistriert und teils demontiert bis ins Jahr 1985 für Feuerwehr-Einsatzübungen verwendet. Danach wurde das Original dann endgültig verschrottet.

Die D-ABOC die heute in Berlin steht, ist die am 03. Juni 1961 in Dienst gestellte 707-458 der El Al Israeli Airlines. Die Maschine flog bis Juni 1985 unter der Kennung 4X-ATB für El Al und Arkia – Israeli Airlines. Die „Berlin“ die heute in Berlin steht, ist also nie für die Lufthansa geflogen!

Dennoch hat die Boeing eine spannende Historie zu bieten: Es war einer der 4 Maschinen, die am 6. September 1970 von der PFLP entführt wurden. Jedoch konnte die El Al der Flugzeugentführung entgehen. Der Pilot des Flug 219 leitete einen Parabelflug ein, was die beiden Flugzeugentführer förmlich aus den „Latschen kippen“ lies. Die Entführerin Leila Khaled wird überwältigt und nach der Landung in London festgenommen, ihr nikaraguanisch-US-amerikanischer Begleiter Patrick Argüello von einem an Bord befindlichen Sicherheitsmann erschossen.

Berlin-Ersatz: aus 4X-ATB wird D-ABOC

Die Israelische Maschine, die heute als „Berlin“ in Berlin steht erhielt 1986 am Flughafen Ben Gurion (TLV) einen alten LH Anstrich. Wurde dann überklebt und mit der US Reg. N130KR im November 1986 von einer Boeing Crew via FRA nach TXL überführt.

Die US Registrierung und Überklebungen waren erforderlich, weil der Luftkorridor nach Berlin für deutsche Maschinen vor der Wiedervereinigung noch gesperrt war und ein Ferry Flug mit der „Berlin“ von FRA nach TXL nicht möglich gewesen wäre.

In Berlin wurde die Arkia/ ElAl Innenausstattung der Boeing 707 noch liebevoll gegen eine Lufthansa Ausstattung getauscht und im Frühjahr 1987 auf die vermeintlich letzte Position gestellt. Leider stand die neue „Berlin“ wohl immer wieder im Weg, weswegen Sie heute nun am Flughafenrand des Tegel Airports verfällt.

Auch diverse Rettungsversuche z.B. durch den Pilot/Controller Club Berlin“ (PCCB) scheiterten. Der Pilotenverein hatte versucht, 50-Mark Anteile an der Boeing 707 zu verkaufen und so den Erhalt zu finanzieren.

Zudem hatte sich auch ein Kölner Gastronom für die Maschine beworben und wollte die Boeing 707 als Restaurant umbauen. Angeblich wird darüber heute noch verhandelt – das Gesundheitsamt dürfte aber inzwischen grobe Bedenken äussern wollen.

München wollte die „Berlin“

Die Maschine hätte jedoch gar nicht in Tegel vergammeln müssen. Der ehemalige Geschäftsführer der FMG – Willi Hermsen will sich dafür eingesetzt haben, die „Berlin“ nach München zu holen – zu einer Zeit, in der sich die Maschine noch in einem guten Zustand befand.

Sicher wäre der Transport mit Kosten verbunden gewesen, jedoch verfügt der Münchner Airport über einen gut funktionierenden Besucherbereich, der die Kosten für Transport und Instandhaltung über kurz oder lang sicherlich auf ein verträgliches Maß reduziert hätte.

Im Besucherpark des Flughafen München werden heute unter anderem auch eine Douglas DC-3, eine Junkers Ju52 und eine Lockheed L-1049 G Super Constellation ausgestellt.

Nicht das wir uns falsch verstehen!

Die Maschine hätte natürlich gerne in Berlin stehen bleiben können – aber zum Erhalt dieser symbolisch zur Verfügung gestellten „Berlin“ wäre ein Umzug nach München unter Umständen eine gute Alternative gewesen.

Und natürlich gibt es wichtigeres als den Erhalt von alten Flugzeugen (warme Wohnung, Arbeit, warmes Essen) – aber die D-ABOC wurde meiner Ansicht nach aufgrund politischer oder auch bürokratischer Hürden einfach sinnlos verheizt und der ganze Aufwand die „Berlin“ für einen kurzen euphorischen Moment nach Berlin zu holen, am Ende einfach nur sinnlos teuer. Schade!

Hamburg hat es besser gemacht

Wer dennoch eine 707 aus den Anfängen der Düsenflugzeuge betrachten möchte, der wird am Flughafen Hamburg fündig. Die Schwestermaschine D-ABOD ist dort saniert als „Airport One“ geparkt.

Leider ist die Website des Hamburger Airports an der Stelle nicht ganz aktuell, die Maschine hat inzwischen wieder Lufthansa-Lack. Den nicht ganz offiziellen Namen „Airport One“ hat sich die Maschine übrigens durch Mitwirkung in verschiedenen Filmen ergattert – unter anderem auch in einem Bavaria Film als „Air Force One“ verkleidet am Flughafen Riem.

de_DEDeutsch